Der Fall Aphorismus
Aus dem Klappentext: In der vorliegenden dritten Publikation zum offenen Fall Aphorismus plädiert Andreas Egert in seinen drei Ecce-Homo-Essays für das bedrohte aphoristische Geschlecht und fordert einen geistreichen Artenschutz für die Gattung der kritischen Quer- und Widerstandsdenker - dabei bringt er unsere transzendentale Obdachlosigkeit auf den Punkt, der, trotz seiner kompensatorischen Ideenparadiese, der Aphorimus bleibt.
SPRENGKRAFT DES GEISTES
Über drei Essays von Andreas Egert
Rezension von Thomas Berger
Andreas Egert, Der Fall Aphorismus. Zur Genese und Aktualität einer Gattung
Grußwort Eric Fuß, Nachwort Sin Leqe-Unnini
Azur Verlag, 2. Aufl. 2016, 140 Seiten, Euro 11,90, ISBN 978-3-934634-82-4
Aus der Publikation Der Fall Aphorismus von Andreas Egert ertönt ein leidenschaftlicher Appell. Der Verfasser behandelt in drei Untersuchungen, die auf Vorträge zurückgehen, nicht aus trockener akademischer Distanz heraus eine literarische Gattung, mit deren Ansehen es derzeit nicht zum Besten steht. Vielmehr verfolgt Egert die Intention, die der besonderen sprachlichen Form des Aphorismus innewohnende Denkhaltung herauszuarbeiten.
Der Autor, 1968 in Frankfurt-Höchst geboren, beschäftigt sich bereits seit seinem Studium der Germanistik, Philosophie und Politologie mit Aphorismen. Nachhaltigen Eindruck machte in diesem Zusammenhang der Literaturwissenschaftler Ralph-Rainer Wuthenow auf ihn. Von Egert erschienen bereits fehlfarbenfroh ̶ Aphorismen, Schardt Verlag, und Vom Werden und Wesen des Aphorismus, Igel Verlag Wissenschaft.
In der ersten Abhandlung aus Der Fall Aphorismus gibt der Verfasser einen Überblick über die Entwicklung dieser literarischen Gattung. Dabei schlägt er den Bogen von der griechisch-römischen Antike bis hin zum neuzeitlichen Aphorismus. Im Mittelpunkt der Ausführungen stehen die Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg und Friedrich Nietzsche.
Bei der behutsamen Bestimmung des Gattungsbegriffs betont Egert den radikal offenen Charakter des Aphorismus, der sich vehement gegen einengende Festlegungen und systematische Lehrgebäude sperrt. „Der Aphorismus“, so der Autor, „will letztendlich den alten Antagonismus zwischen Kunst, Wissenschaft und Philosophie überwinden“.
Im zweiten Essay nimmt der Autor Arthur Schopenhauer in den Blick und fragt, ob der Privatgelehrte als „Aphoristiker und Moralist“ zu sehen ist. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass Schopenhauer, den er Nietzsche gegenüberstellt, „mehr Connaisseur der Moralisten als selbst Moralist“ war und im Grunde ein geschlossenes pessimistisches Weltbild vertrat. Zwar habe Schopenhauer dem Aphorismus durchaus nahe gestanden, etwa in seinen Regelbüchern „Die Kunst, recht zu behalten“ und „Die Kunst, glücklich zu sein“ sowie in der Bearbeitung und Übersetzung von Baltasar Gracians „Handorakel zur Weltklugheit“. Im Grunde sei ihm aber das Unabgeschlossene des aphoristischen Denkens fremd gewesen, trügen seine Werke „analytisch-apodiktischen“ Charakter.
Als „Geschwister im Geiste“ betrachtet der dritte Essay Aphorismus und Pointe. Beiden gemeinsam ist nach Egert die Fähigkeit, Erwartetes und Gewohntes, Bequemes und Herkömmliches zu irritieren und damit „systemkritisch, sprachskeptisch und wahrheitsproblematisierend“, kurzum: erkenntnisschöp-
ferisch zu wirken. Auch in dieser Abhandlung setzt sich der Verfasser ̶ teils widersprechend, teils zustimmend − mit verschiedenen Auffassungen, nun erweitert um die sprachliche Figur der Pointe, auseinander. Er ist überzeugt, dass beide „Kulturtechniken“ eingefahrene Denkwege zu überwinden, Grenzen zu überschreiten vermögen. Spielerisch lassen sie Verengtes hinter sich, erweitern Horizonte und eröffnen Neues, Überraschendes. Pointiert-aphoristische Sprachformen enthüllen die Sprengkraft des Geistes und erweisen sich so als Hoffnungsträger in konsensversessener, geistarmer Zeit.
Einen eigenen Hinweis verdient das mit annähernd 180 Titeln respektable Literaturverzeichnis, bei dem es sich gleichwohl nur um eine Auswahl handelt.
Auch die überaus zahlreichen im Buch genannten Vertreter und Kritiker des Aphorismus können naturgemäß nur angeführt bzw. kurz eingeordnet und kommentiert werden. Der entscheidende Vorzug der Essays liegt darin, dass sie wichtige Impulse bieten − Impulse sowohl für Leser, die bereits von Aphorismen begeistert sind, als auch für solche, die bereit sind, sich von dem leidenschaftlichen Plädoyer Egerts anstecken zu lassen. Die Lektüre macht nachdenklich und bereichert. Sie zielt auf mündige Rezipienten, welche die Mühe des eigenständigen, kritischen Denkens nicht scheuen. Ihnen bietet sich im Aphorismus ein weites Feld für Skepsis und Widerspruch, Esprit und ästhetischen Genuss.
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